Unter dem Baumscheiben-Mond: Kuratorin Vanessa Sondermann in der Akademie-Galerie zwischen Objekten und Bildern von Alfonso Hüppi. Foto: bikö

Die Inspiration ist so frei. Sie kann überall sein. Alfonso Hüppi traf auf sie im Lager der Kunsthalle Baden-Baden, wo er in den 1960er-Jahren als wissenschaftlicher Mitarbeiter engagiert war. Malen wollte der gelernte Silberschmied und studierte Kalligraph eigentlich nur so nebenher. Aber dann sah er die Transportkisten, die da herumstanden. Rohe Bretter! Gestaltungsfläche! Und er machte daraus Skulpturen. Eine davon, bemalt mit Farbbögen, die entfernt an einen Sonnenuntergang erinnern, steht jetzt in der Akademie-Galerie. Dort wurde dem 89-Jährigen die Ehrenmitgliedschaft der Hochschule verliehen, und man ehrt ihn mit einer feinen Retrospektive.

Vor der Eröffnung der Hüppi-Ausstellung: Raum mit einer “Kiste” aus den 1960er-Jahren und Wandobjekten. Foto: bikö

„Kisten-Hüppi“ wurde der junge Künstler genannt, das findet er keineswegs ehrenrührig. Schmunzeln ist bei ihm immer erlaubt. Schon bald hatte der in Freiburg geborene Sohn eines Schweizergardisten erste Erfolge und Ausstellungen. Ermutigt wurde er von einem Meister der strengen Formen: Max Bill, den er 1971 kennenlernte. Die beiden Schweizer in Deutschland verstanden sich gut, Bill schrieb später eine witziges Poem für den Freund: „alphonso hüppt von baum zu baum / im park der kunst / sicher und ohne netz / er fällt nie oder nur selten / so fällt ihm manches ein / oft vieles …“ Da war Hüppi schon Professor an der Düsseldorfer Kunstakademie, wo er bis zu seiner Emeritierung 1999 blieb und Schüler hatte, die bis heute auf ihn schwören: Holger Bunk zum Beispiel, Silke Leverkühne, Markus Oehlen.

Das Unerwartete

Ein Kisten-Hüppi ist der Professor immer geblieben. Er brauchte nie ein grandioses Material, wie die Schau in den eleganten Sälen am Burgplatz zeigt. Kleinschreiber Max Bill hat’s erfasst: „oft wird aus wenigem das unerwartete“.

Rosa Zeichen an der Wand: “Klappreliefs” aus den 1970er-Jahren hinter einer gescheckten “Kiste” von 1983. Foto: bikö

In der Serie „Entwürfelungen“ nahm Hüppi die Kistenform gewissermaßen auseinander und schuf Wandobjekte oder sogenannte „Klappreliefs“ aus konstruktiv angeordneten Brettern. Mal pur, mal rosa angemalt. Ganz einfach und doch raumbeherrschend. Doch nicht nur das Großformat ist typisch für Hüppi. Was er so fand an Ufern und am Wegesrand auf zahlreichen Reisen und Wanderungen, konnte er in Kunst verwandeln. 

Aus bemalten Holzresten schuf Alfonso Hüppi diese Rauminstallation seiner “Staccati”. Foto: bikö

Ein bisschen Farbe und Leim, schon wird aus einer Baumscheibe ein Teufelchen, eine schräge Maske, eine erstaunte Sonne, eine Abstraktion. Kuratorin Vanessa Sondermann hat einige schöne Beispiele in den zweiten Raum gehängt, neben eine Vitrine mit Kuriositäten (Pinsel in Kokosnuss). Gegenüber leuchtet ein Gefüge von neun expressiven Bildern, auf denen einfache Formen fliegen. Denn Hüppi, der Bildhauer, ist immer auch ein Maler. Alles macht ihm Freude. „Schön wär’s, schon war’s“, so scherzt er ein bisschen wehmütig im Titel der Schau.

Tor für Max Bill

Ein Dokumentarfilm von Birgit Kienzle zeigt ganz gemächlich, wie Alfonso Hüppi in seinem Atelier in Baden-Baden arbeitet, wie er Bretter sägt, Farbpigmente im Senfglas anrührt und „Wie Kunst entsteht“. Der Film dauert eine Stunde, das ist zu lang, wenige werden durchhalten. Und im nächsten Raum locken starke Werke: das ungewöhnlich strenge, schwarzweiße „Tor für Max Bill“, das Hüppi 1993 aus Eisen, Glas und einer Tischlerplatte baute, und eine wandfüllende Installation seiner „Staccati“, die ganz typisch für ihn sind.

Minimal, aber unübersehbar: kleine “Staccati” von Alfonso Hüppi im Flur der Akademie-Galerie. Foto: bikö

Dafür braucht er Holzreste, Abgesägtes, Kanten, Splitterstücke, die seine Kollegen verheizen würden. Er malt sie an mit leuchtenden Farben, fügt sie zusammen wie ein Zeichner seine Linien. Kleine Variationen dieser Objekte hängen im Flur. Die große Installation muss jedes Mal aus ihren nummerierten Einzelteilen neu aufgestellt werden. Es entsteht ein bunter Zaun oder eher etwas Gewachsenes, Ungleichmäßiges wie ein Schilffeld am Rand eines Sees. In der Mitte, über den kürzeren Teilen, schwebt an der Wand ein Vogel mit weiß gemaltem Kopf, Lochaugen und rosa Schnabel, geschaffen aus einer gebrochenen Baumscheibe. Denn, wie schrieb Max Bill: „oft wird solcher zauber träger munteren humors“. Alfonso hüppt.

Was, wann und wo?

„Schön wär’s – schon war’s! Alfonso Hüppi – Werk und Wirken“. Bis 7. Juli in der Akademie-Galerie Düsseldorf, Burgplatz 1. Geöffnet nur am Wochenende, Fr.-So. 12 bis 18 Uhr. Eintritt: sechs Euro. Ein Katalog wird von Kuratorin Vanessa Sondermann vorbereitet. www.kunstakademie-duesseldorf.de

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